Verkehrsrecht Leipzig

Thüringer Oberlandesgericht hebt Verurteilung zu zwei Monaten Fahrverbot und 500,00 EUR Geldbuße auf - notwendige Mitwirkung der Staatsanwaltschaft war vom Amtsgericht übersehen worden

Unser Mandant soll mit einem Pkw auf einer Autobahn 65 km/h zu schnell gefahren sein. Die Bußgeldbehörde verhängt dafür 440,00 EUR Geldbuße und zwei Monate Fahrverbot. Die Tat soll im September 2014 fahrlässig begangen worden sein. Nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid lässt sich der Betroffene auf seinen Antrag hin vom Amtsgericht von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen im Verhandlungstermin entbinden. Der Amtsrichter verhandelt den Fall allein, da auch kein Verteidiger zum Termin erscheint. Das Gericht kommt zur vorläufigen Auffassung, dass die Tat nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich begangen worden sein müsse. Auf die Veränderung eines solchen rechtlichen Gesichtspunktes muss das Gericht den Betroffenen vor der Verurteilung hinweisen und ihm rechtliches Gehör gewähren. Da im Termin niemand anwesend ist, setzt das Gericht die Hauptverhandlung aus und erteilt dem Betroffenen den Hinweis, wonach er auch wegen Vorsatzes verurteilt werden könnte, schriftlich. Darauf reagiert der Betroffene durch seinen Verteidiger, indem er seinen Einspruch schriftlich außerhalb der Hauptverhandlung auf die Rechtsfolgen beschränkt. Mit einer solchen Erklärung stehen Tat und Schuldform fest, wenn sie wirksam ist. Es geht dann nur noch um die zu verhängenden Rechtsfolgen. An der darauf folgenden Hauptverhandlung nehmen wiederum weder Betroffener noch Verteidiger teil. Der Amtsrichter behandelt den Tatvorwurf als feststehend und erkennt wegen eines fahrlässigen Verstoßes auf 500,00 EUR Geldbuße und zwei Monate Fahrverbot. Dagegen erhebt der Betroffene durch seinen Verteidiger Rechtsbeschwerde. Er beanstandet nach Akteneinsicht im Rahmen der Sachrüge, dass die Staatsanwaltschaft seiner Einspruchsbeschränkung nach Aussetzung der Hauptverhandlung - anders als zwingend erforderlich - nicht zugestimmt habe. Weil diese Zustimmung fehle, sei die Beschränkung des Einspruchs unwirksam gewesen. Der Tatrichter hätte deshalb uneingeschränkt sämtliche tatsächlichen Feststellungen zur Tat treffen müssen, was nicht erfolgt sei. Das Urteil sei darum aufzuheben. Das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) folgt dieser Auffassung. Die - auch teilweise - Rücknahme des Einspruches bedürfe zu ihrer Wirksamkeit vom Beginn der Hauptverhandlung an der Zustimmung der Staatsanwaltschaft, so das OLG. Das Zustimmungserfordernis sei nicht gem. § 75 Abs. 2 OWiG wegen fehlender Anwesenheit der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung entfallen. Diese Ausnahmeregelung greife nur dann ein, wenn eine Teilrücknahme gerade in der Hauptverhandlung erklärt wird, nicht aber - wie hier - schriftlich außerhalb der Hauptverhandlung. Das OLG hebt das Urteil deshalb mit den zugehörigen Feststellungen auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück an das Amtsgericht (Thüringer OLG, Beschluss vom 01.02.2018, Az.: 1 OLG 181 SsBs 87/16).

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