Verkehrsrecht Leipzig

OLG Naumburg stellt unzulässige Beschränkung der Verteidigung wegen Verstoßes gegen Grundsatz des fairen Verfahrens fest - Urteil des AG Halle wird aufgehoben

Unser Mandant soll mit einem Pkw innerorts um 35 km/h zu schnell gefahren sein. Die Bußgeldbehörde verhängt ein wegen Voreintragungen auf 240,00 EUR erhöhtes Bußgeld sowie einen Monat Fahrverbot. Der Verteidiger legt für den Betroffenen Einspruch ein. Nach Anberaumung der Hauptverhandlung beantragt er, den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Das Amtsgericht Halle teilt darauf mit, dass der Antrag derzeit zurückzuweisen sei, weil die vorgelegte Vollmachtsurkunde des Verteidigers für diesen Antrag nicht ausreiche. Weder Betroffener, noch Verteidiger erscheinen zum Termin. In der Hauptverhandlung erkennt das Gericht, dass die Vollmacht doch ausreiche und entbindet durch Beschluss in der Hauptverhandlung - in Abwesenheit von Verteidiger und Betroffenem - den Betrofenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen, um darauf sogleich - in Abwesenheit von Verteidiger und Betroffenem - zur Sache zu verhandeln und den Betroffenen zu den Sanktionen des Bußgeldbescheides zu verurteilen. Dagegen erhebt der Betroffene durch seinen Verteidiger Rechtsbeschwerde. Die Amtsrichterin verwirft nun die Rechtsbeschwerde, weil sie verfristet begründet worden sei. Dagegen wiederum beantragt der Verteidiger die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes. Er führt zur Verwerfung aus, dass das Amtsgericht nicht beachtet habe, dass das Urteil in Abwesenheit verkündet worden sei, somit die Rechtsmittelfristen erst mit Zustellung des Urteils und nicht mit der Verkündung begannen. Bei Beachtung dieses Umstandes sei die Rechtsbeschwerde fristgemäß begründet. In der Sache rügt der Verteidiger, dass das Amtsgericht mit der Ankündigung, der Entbindungsantrag sei zurückzuweisen, einen Rechtsschein gesetzt habe. Angesichts dieses Rechtsscheins habe die Verteidigung davon ausgehen müssen, dass der Einspruch in der Hauptverhandlung - rechtsfehlerhaft - verworfen werden würde. Das hätte die Verteidigung dann erfolgreich angreifen können. Der Sinneswandel der Amtsrichterin erst in der Hauptverhandlung, in der niemand anwesend gewesen sei, hätte zu einem Hinweis des Gerichtes an den Betroffenen bzw. den Verteidiger führen müssen, der diesen auch hätte erreichen müssen, sodass er sein Verteidigungsverhalten darauf hätte einrichten können. So aber seien Verteidiger und Betroffener durch die Sachentscheidung unzulässig überrascht worden. Das Oberlandesgericht Naumburg bestätigt die zutreffende Fristberechnung durch den Verteidiger und attestiert dem Amtsgericht Halle eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung wegen einer Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens. Das Urteil habe dem Betroffenen - aus dem von der Verteidigung gerügten Grund - prozessuale Rechte entzogen und könne keinen Bestand haben, so das OLG. Es hebt das erstinstanzliche Urteil auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück (OLG Naumburg, Beschluss vom 06.02.2019, Az.: 1 Ws 25/19).

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