Amtsgericht Merseburg lässt trotz vier einschlägiger Voreintragungen einen Monat Fahrverbot wegfallen - wegen besonderer Härte
Unser Mandant soll innerorts mit einem Pkw 27 km/h zu schnell gefahren sein. Innerhalb eines Jahres vor dieser Fahrt war ein Bußgeldbescheid gegen ihn wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 32 km/h rechtskräftig geworden. Neben der Regelgeldbuße wird von der Bußgeldbehörde ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Gegen den Bußgeldbescheid erhebt der anwaltlich vertretene Betroffene Einspruch. In der Hauptverhandlung stellt das Gericht insgesamt vier verwertbare Voreintragungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen zwischen 21 km/h und 46 km/h fest. Der Betroffene trägt durch seinen Verteidiger vor, dass ein Monat Fahrverbot sein Arbeitsverhältnis gefährde und er sich zudem mithife seines Pkw um seine 82 und 87 Jahre alten Großeltern kümmern müsse. Das Gericht erhebt Beweis, indem es den Vorgesetzten des Betroffene als Zeugen für die beruflichen Folgen des Fahrverbotes vernimmt. Nach den Angaben des Zeugen ist das Amtsgericht davon überzeugt, dass der Betroffene seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen könne, wenn er einen Monat Fahrverbot erhalte, dass er Urlaub nur 14 Tage am Stück erhalte und dass das Fahrverbot ihn deshalb in seiner Existenz gefährde. Hinzu komme, dass es glaubhaft sei, dass der Betroffene sich auch noch um seine Großeltern kümmern müsse. Aufgrund des Zusammentreffens dieser Gründe liege eine außergewöhnliche Härte vor, so die Amtsrichterin. Sie verdoppelt die Regelgeldbuße auf 200,00 EUR und verhängt kein Fahrverbot (Amtsgericht Merseburg, Urteil vom 28.05.2019, Az: 36 OWi 247 Js 1357/19).